Gegen den Auftritt von Lisa Fitz in der Kulturetage!

Das Bündnis gegen Antisemitismus Oldenburg ruft für Freitag, den 06. September 2019 ab 19:30 Uhr zu einer Kundgebung vor der Kulturetage auf. Anlass ist der Auftritt der Kabarettistin Lisa Fitz. Wir dokumentieren nachfolgenden den Aufruf des Bündnisses:

Am 06. September 2019 findet in der Oldenburger Kulturetage eine Veranstaltung mit der Kabarettistin Lisa Fitz statt. Fitz stand in der Vergangenheit vielfach medial in der Kritik, antisemitische und verschwörungsideologische Äußerungen zu verbreiten.1 Wir haben die Kulturetage bereits auf diesen Umstand hingewiesen, was jedoch nicht zu einer Absage der Veranstaltung führte, da die Verantwortlichen die Einschätzung der in die Kritik geratenen Äußerungen von Lisa Fitz als antisemitisch nicht teilen. Wir finden es sehr bedauerlich, dass Lisa Fitz einer Oldenburger Kulturinstitution, die sich so gerne als Teil der „Alternativkulturszene“ inszeniert, eine Bühne bekommt.

Laut Giulia Silberberger (Expertin für Verschwörungstheorien) verwendet Lisa Fitz in ihrem Song „Ich sehe was, was du nicht siehst“ (2018) antisemitische Codes und Sprachmuster, die auch bei Verschwörungsideologen beliebt sind, so etwa in folgender Passage: „Wer nennt die Namen und die Sünden dieser feinen Herrn. / Rothschilds, Rockefeller, Soros & Consorten, / die auf dem Scheißeberg des Teufels Dollars horten.“ Silberberger erklärt dazu: „Codewörter wie „Rothschilds“ oder „Goldman Sachs“ nutzen Antisemiten, um auf eine angebliche jüdische Weltverschwörung aufmerksam zu machen.“2 So wird dieser Familie seit dem Nationalsozialismus bis heute vorgeworfen, für Kriege auf der Welt verantwortlich zu sein, um daraus Geld zu machen.3 Die Amadeu Antonio Stiftung kritisiert den Song daher als „wirklich schlimmes antisemitisches verschwörungstheoretisches Lied“.4 Ebenfalls kommt die Münchner Abendzeitung zu dem Ergebnis, dass Fitz‘ Song „voller Verschwörungstheorien steckt“5. Es wird etwa auf die „elitären“ Freimaurer angespielt, die angeblich das Weltgeschehen lenken: „Die Kaltblüter mauern unsere Freiheit ein / Jahr für Jahr – ohne Eile – Stein um Stein…“ Allesamt gemein haben die von Fitz verwendeten Begriffe, die sie in die Kritik geraten ließen, dass sie suggerieren, eine ominöse Macht von Einzelpersonen oder Kleingruppen beherrsche die Finanzsphäre und lenke die Menschen von oben.

Nach den Gräueltaten der Shoa und der Barbarei des Nationalsozialismus möchte heute niemand mehr in den Verdacht geraten, offen antisemitische Ressentiments zu verbreiten; außer vielleicht knallharte Neonazis. So wird Antisemitismus heute vor allem über Umwege geäußert und kommt bevorzugt in der Hetze gegen „Zionisten“ oder über bestimmte Codes und Stereotypen zum Ausdruck, etwa die sogenannte Hochfinanz oder der Rede von Parasiten oder Kraken, deren Verbindung zum Juden dem Publikum sofort offenbar wird. Die dahinterstehende Vorstellung ist ein zentrales Element des Antisemitismus: Die Vorstellung eines „raffenden Kapitals“ stammt aus der Ideologie der Nationalsozialisten, die dieses als „jüdisch“ bezeichneten, im Gegensatz zum „deutschen und arischen“ „schaffenden Kapital“. Für die unverstandenen Probleme und Widersprüche kapitalistischer Vergesellschaftung werden in dieser Denkweise die Juden verantwortlich gemacht, die der Antisemit für die Ursache allen Übels in der Welt hält, weshalb er in den Juden „Personifikationen der unfassbaren, zerstörerischen, unendlich mächtigen, internationalen Herrschaft des Kapitals“6 erblickt. „Vielleicht sei es Fitz nicht einmal bewusst, dass sie antisemitische Botschaften sende, sagte Silberberger. „Doch die Message ist überaus bedenklich.“ Im Nachhinein zu sagen, „Das war nicht so gemeint“, sei problematisch, führt Silberberger aus.“7 Ob intendiert oder nicht: Bestimmte Äußerungen von Lisa Fitz lassen sich demnach von einem entsprechenden Publikum, das solche Codes kennt, in einer antisemitischen Art und Weise interpretieren, wenn Fitz etwa singt: „Es rafft noch mehr, wer großen Reichtum hat und die Menschen neben mir, die werd´n nicht satt.“

Der YouTube-Kanal SchrangTV, den Fitz für die exklusive Veröffentlichung des Songs nutzte, ist ebenfalls problematisch, denn er wird, wie die AZ berichtet, „von Heiko Schrang betrieben, einem Verschwörungstheoretiker, der unter anderem ein Buch mit dem Titel „Die Souveränitätslüge“ verfasst hat“8. Auch andere rechte Plattformen werden von Lisa Fitz genutzt: So spielt sie in einem Interview bei RT Deutsch laut FR „auf der Klaviatur der Rechten“9, indem sie behauptet, in Deutschland herrsche eine „Meinungsdiktatur“, sie sei eine der letzten im Kabarett, die sich noch trauen würden, frei zu sprechen, und sie fühle sich „umzingelt von Staatsmacht und Intrigen“.10 Von diesem Ansatz ist der Text zu ihrer Veranstaltung mit dem Titel „Flüsterwitz“ auf der Internetseite der Kulturetage durchzogen: „Eigentlich ist der Flüsterwitz ein politischer Witz. Wenn man mit einem autoritären System haderte oder Repressalien befürchtete, erzählte man sich Flüsterwitze. Sind wir in unserer demokratischen Diktatur der Parteien so weit? Wer nicht in die politische Stromlinienform passt, wird gern für verrückt erklärt oder mit subtilen Methoden mundtot gemacht.“11 Passenderweise ist direkt neben dem Text das Bild von Fitz zu finden, welches auch für das Video zu „Ich sehe was“ genutzt wird. So verquickt Fitz ihre verschwörungsideologischen Inhalte mit rechter Rhetorik im Sinne von „Das wird man ja noch sagen dürfen“. Natürlich darf Frau Fitz „das“ sagen, denn es kommt keine Geheimpolizei bei ihr vorbei, um sie dafür zu verhaften. Es ist aber ein Unterschied, ob man eine Position äußern darf oder ob man ihr auch eine Bühne bietet, denn das Recht auf Meinungsäußerung beinhaltet nicht, dass man einen Ort bekommt, um vor großem Publikum aufzutreten. Vermutlich würde die Kulturetage ja auch niemanden auftreten lassen, der explizit AfD Positionen vertritt.

Aus diesen Gründen halten wir einen öffentlichen Auftritt von Lisa Fitz untragbar und haben kein Verständnis dafür, dass die Kulturetage an dieser Veranstaltung festhält. Wir fragen uns, warum die Kulturetage offenbar kein Problem mit Antisemitismus zu haben scheint. Wenn man großspurig eine „Erklärung der Vielen“ unterzeichnet, in der auch noch auf die Shoah bezug genommen wird12, sollte man doch annehmen, dass man den Antisemitismus auch als Problem begreifen könnte? Wie lässt sich also der Auftritt von Lisa Fitz in Einklang bringen mit der Selbstverpflichtung „keine Foren für völkisch-nationalistische Propaganda“ zu bieten und sich gegen „rechte Ideologien“13 zu wenden? Ist Antisemitismus etwa keine völkische und rechte Ideologie? Oder ist diese „Erklärung der Vielen“ am Ende etwa nur eine wohlfeile Positionierung ‚gegen die AfD‘, die beim linksliberalen Klientel immer gut ankommt und sich super als Standortmarketing im Sinne von „Oldenburg ist bunt“ einsetzen lässt, aber da aufhört, wo der Konsens des liberalen anti-AfD Bürgertums ein Ende findet: beim Antisemitismus?

Wir finden, dass man die Kulturetage damit nicht einfach davon kommen lassen, sondern ihre Selbstinszenierung als verlogen entlarven sollte. Wer von völkischer Ideologie redet, aber zum Antisemitismus schweigt, hat von beidem nichts verstanden und setzt an die Stelle einer ernsthaften Auseinandersetzung eine so diffuse, wie gefährliche linksdeutsche Haltung, die am Ende zum Appeasment gegenüber Antisemitismus führt. Sollte die Kulturetage diesen Kurs fortsetzen, wäre es ihr zu wünschen, dass die Stadt – die sich zumindest laut Stadtratsbeschluss „gegen jeden Antisemitismus“14 wendet – ihre Finanzierung überdenkt, ohne die der „unternehmerisch erfolgreiche[…] Tendenzbetrieb mit fester öffentlicher Förderung“15 gar nicht bestehen könnte.

Wir lassen uns vom „linken“, „progressiven“ Image der Kulturetage nicht täuschen und wollen darauf aufmerksam machen, dass dies ein Ort ist, der antisemitischem Gedankengut eine Bühne bietet und wir hoffen, dass unser Protest dazu beiträgt, dass die Kulturetage in Zukunft besser überlegt, wen sie einlädt. Deshalb rufen wir auf zur Kundgebung:

Freitag, 6. September
19:30 Uhr
vor der Kulturetage, Bahnhofsstraße 11.

Kommt vorbei und sagt euren Leuten Bescheid!

Schreibe einen Kommentar