Offener Brief an die Kulturetage Oldenburg

CN / TW: Sexualisierte Gewalt

Wir als Offener Antifaschistischer Treff müssen feststellen, dass die Kulturetage Oldenburg ein Ort ist, an dem Sexismus und Rassismus mitten in Oldenburg geduldet und eine Bühne geboten wird.

Konsequenzen gibt es keine, stattdessen Verharmlosungen der Geschehnisse und leere Versprechen auf Besserung. So macht sich die Kulturetage zu einem Ort an dem sich Menschen mit sexualisierten oder rassistischen Gewalterfahrungen nicht willkommen fühlen können.

Was bisher geschah:
Am 5. Mai 2022 trat der ”Comedian” Faisal Kawusi in der Kulturetage Oldenburg auf. Dem waren verschiedene von Kawusi ausgehende Formen der Diskrimminierung vorangegangen, in welchen er unter Anderem Opfer von K.O.-Tropfen auf Instagram verhöhnte, sich auf seinem Tourplakat über den rassistischen Mord an George Floyd lustig machte, und in seinen Shows andeutete, für Likes Oralverkehr von Minderjährigen zu erwarten.

Auf alle diese Problematiken wurde die Kulturetage bereits am 26. April 2022 per E-Mail aufmerksam gemacht und um eine Stellungnahme gebeten.
Erst nach erneuter Nachfrage antwortete die Kulturetage am 5. Mai 2022 auf diese Forderung. In dieser ”Stellungnahme” wurde jedoch lediglich auf Kawusis letzte Äußerung Bezug genommen, welche seitens des Verfassers als „Ausrutscher“ verharmlost wurde. Explizit wies die Kulturetage in ihrer Antwort darauf hin, dass sie keinen Sexismus akzeptieren würden, aber Kawusi sich entschuldigt hätte.
Zudem schrieb die Kulturetage wörtlich: „Erstens muss Faisal Kawusi 101% zu seiner Entschuldigung stehen und als geläuterter Mensch nach Oldenburg kommen – und zweitens wollen und werden wir ihm einen verbalen Ausfall kein zweites Mal nachsehen.“
Wie zu erwarten war, kam Kawusi nicht als „geläuterter“ Mensch nach Oldenburg, sondern begann seine Show sogar mit einem K. O. Tropfen ”Witz”. Im Laufe der Show häuften sich dann weitere sexistische und rassistische Aussagen. Auch machte Kawusi nicht halt davor, ”Witze” über Kindesmissbrauch zu machen und sich einem Kind im Publikum gegenüber sexualisierend und grenzüberschreitende zu äußern.

Die Kulturetage ließ die Show ungehindert laufen, obwohl die gesamte Zeit Verantwortliche anwesend waren. Auch nach der Show gab es keine öffentliche Stellungnahme oder Distanzierung seitens der Kulturetage. Jedoch sahen sich die Verantwortlichen der Kulturetage in der Lage, kritische Kommentare zu der Thematik in sozialen Netzwerken zu entfernen.
Auf eine erneute Anfrage einer Stellungnahme am 11. Mai 2022 antwortete die Kulturetage mit einer lapidaren nicht-Antwort. „Wir ignorieren keine genannten Inhalte und möchten uns deutlich positionieren, dass wir in keiner Form akzeptieren, dass Künstler:innen derartige Inhalte wie dieser, die aktuell geschehen,
stattfinden dürfen.“ Diese Aussage wird dadurch konterkariert, dass der Kulturetage das wiederholte Fehlverhalten Kawusis nachweislich schon zuvor bekannt war.

Im Nachgang des Auftritts inszeniert sich Kawusi als Opfer einer „Cancel Culture“, welches unrechtmäßig verurteilt und angefeindet wird, schließlich habe er sich entschuldigt und sei zum ”Dialog” bereit gewesen.
Konträr zu diesen Aussagen ließ er allerdings nicht davon ab, seine über 300.000 Follower auf Instagram zum Mobbing von Privatpersonen aufzurufen, welche sich während des Protests auf eben diesen ”Dialog” mit ihm einließen. Nicht nur veröffentlichte er unzensierte Bilder und Videos von Demonstrant*innen, sondern gab den Betroffenen auch bewusst verletzende (Spitz)Namen und forderte seine
Follower aktiv dazu auf, die Fotos der Betroffenen mit neuen „lustigen
Bildunterschriften“ weiterzuverbreiten. Dieses Verhalten begann am Tag nach dem Gegenprotest, dem 06.05.22, zog sich aber durch die darauf folgenden Wochen (zuletzt dokumentiert am 25.05.22).
Des Weiteren trifft Kawusi in einem Post auf seinem Instagram Profil die Falschaussage, er und sein Team wären mit Eiern und Tomaten beworfen worden. Diese Aussage wurde zwar mehrmals (unter Anderem von den Instagram-Account Betreibern des Cine K) richtiggestellt, jedoch bleibt Kawusis Bildunterschrift unverändert. (Diese Darstellung des Protests und seiner Teilnehmer*innen scheint dem ”Komiker” wohl
besser in die von ihm konstruierte Narrative des missverstandenen Verfechters der Meinungsfreiheit zu passen, welcher unverhältnismäßige Reaktionen auf seinen „Humor“ ertragen muss.)
Wir fragen: Welche konkreten Maßnahmen will die Kulturetage ergreifen, um Sexismus, Rassismus (spiziell gegen Sinti*zze und Rom*nja) und auch Antisemitismus (siehe Lisa Fitz) in Zukunft keine Bühne zu bieten? Von einer öffentlich geförderten Einrichtung erwarten wir, dass sie konkrete Schritte ergreift, damit sich
dort alle Menschen willkommen fühlen können, ohne sich sexistischen, rassistischen und anderen diskriminierenden Inhalten aussetzen zu müssen. Dazu gehört eine klare Distanzierung von Kawusi, sowie eine Entschuldigung bei den Betroffenen des Cybermobbings!

Unterzeichner*innen